Naturschutzplanung: Naturschutzgebiete müssen geplant sein!

Wer der Ansicht ist, Naturschutzgebiete müssten lediglich ausgewiesen und sich anschließend selbst überlassen werden, irrt. Naturschutzgebiete schützen - bei uns - zumeist nicht Natur pur, sondern Biotope, die aus einer alten, heute vielfach aufgegebenen menschlichen Nutzung hervorgegangen sind. Sie sind damit nicht nur Lebensstätten von Pflanzen und Tieren, sondern häufig auch Kulturdenkmäler. Um sie zu erhalten, bedarf es der Pflege, welche die Auswirkungen der früheren Nutzung, die erst diese Biotope hat entstehen lassen, "simulieren" muss. Perfekt ist, wenn es gelingt, statt kostenintensiver Pflege eine kostendeckende Nutzung zu bewerkstelligen. Land- und Forstwirtschaft können hier die Ziele des Naturschutzes ganz erheblich unterstützen. Unser Beispiel:

Nutzung und Pflege der Bergwiesen bei St. Andreasberg

Interdisziplinäres Gutachten, im Auftrag der Bezirksregierung Braunschweig

Für das Naturschutzgebiet "Bergwiesen bei St. Andreasberg" im Oberharz sollte von der Bezirksregierung Braunschweig ein Pflege- und Entwicklungsplan in Auftrag gegeben werden. Die speziellen Umstände in diesem Naturschutzgebiet erforderten aus den folgenden Gründen eine von herkömmlichen Planungen dieser Art erheblich abweichende Vorgehensweise:

  • die Bewirtschaftung der Flächen im Naturschutzgebiet erfolgt durch einen einzigen landwirtschaftlichen Betrieb, welcher als letzter Vollerwerbsbetrieb in St. Andreasberg verblieben ist.
  • dieser Betrieb hat sich seit längerem auch auf die Pflege brachgefallener Grünlandflächen im Oberharz spezialisiert und erhält hierfür beträchtliche Zuwendungen, deren Effizienz zu kontrollieren war,
  • die beabsichtigte Umstellung des sogenannten "Erschwernisausgleiches" für die Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Nutzflächen in Naturschutzgebieten legte eine betriebswirtschaftliche Analyse des Betriebes nahe.

Aus diesem Grund wurde das Gutachten als interdisziplinäre Studie von Landschaftsplanung und Landwirtschaft vergeben. Seine Ergebnisse, über die mein Co-Autor Dr. von Borstel und ich in der Fachzeitschrift "Natur und Landschaft" veröffentlicht haben, stellen die wechselseitigen Beziehungen und Bindungen von Landwirtschaft und Naturschutz in einem landwirtschaftlichen Grenzertragsgebiet mit hohem Naturschutzwert heraus. Sie sind auf vergleichbare Fälle im Mittelgebirgsraum übertragbar.

Die landwirtschaftlichen und betriebswirtschaftlichen Fachbeiträge wurden von der Landwirtschaftskammer Hannover erstellt.