Das „Windausforum“ – ein Beitrag der Büros Orth & Neuhaus (Architektur) und Dr. Schwahn Landschaftsplanung zum städtebaulichen Gutachterverfahren „Windausweg“ in Göttingen, September 2007

http://alt.dr-schwahn.de/wdw.pdf

 Die Idee

Moderne, zeitlose Formensprache und Orientierung der Bebauung an den Grenzen des Quartiers sind die Grundzüge des städtebaulichen Entwurfes. Starre Gebäudeanordnungen im rechtwinkligen Raster werden ebenso vermieden wie eine erkennbare Zuordnung zu den drei Bauträgern. Das Quartier soll außen wie innen eine Einheit vermitteln.
Die Orientierung der Baukörper an Ost- und Westgrenze des Grundstückes öffnet das Quartier zum Windausweg und ermöglicht eine licht- und luftoptimierte Ausrichtung der Gebäude und der Freiräume zwischen ihnen.

Aufgrund der Lage der Baukörper zueinander entsteht im Zentrum ein  spannungsgeladener Raum mit ungewöhnlichen Grenzen,
gleichwohl sehr geometrischer Gestaltung: das Windausforum. Dieser Quartiersplatz von hoher Eigenart schafft eine besondere Identität und ist verbindendes Element, Treffpunkt für alle Bewohner des Quartiers und Spielbereich in einem.

Vielfältige Wohnumfelder sind das Ergebnis des Entwurfes. Vom quirlenden Leben bis zu ruhiger Zurückgezogenheit ist alles vorhanden. Die Ausrichtung der Höfe nach Südwesten sorgt für optimale Lichtverhältnisse und für gute Durchlüftung.
Für die Mieter des Erdgeschosses sind Terrassen und Mietergärten vorgesehen. Jedes Gebäude verfügt über einen eigenen Gemeinschaftsbereich innen und außen.

Das Eingangsforum wird durch ein quadratisches Wasserspiels mit Sitzgelegenheit und eine Baumreihe gegliedert. Die Ansiedlung von Dienstleistern in diesem Bereich macht hier ein Befahren und Parken erforderlich.

Es soll im übrigen Forum aber Ausnahme bleiben. Wir möchten kein blechgesäumtes Quartier in zehn Minuten fußläufiger Entfernung zur Innenstadt - für Fahrzeuge haben wir 222 unterirdische Stellplätze vorgesehen.

Zentrum des Windausforums bildet ein quadratischer, durch Bäume und Pflaster gegliederter Patz mit einem Wasserbecken. Dieser Ort ist der ruhende Pol des ganzen Quartiers, sein deutlich erkennbarer Mittelpunkt. Das Spielforum an der Grenze zum Schulgelände des Felix-Klein-Gymnasiums bietet einen geschützten Raum und gleichzeitig die Möglichkeit zur spielerischen Erforschung des Schulgartens und des weitläufigen Geländes bis zum „Leinekanal“. Ein Sandspielbereich mit Holzdeck und eine Netzpyramide sind zentrale Spielmöglichkeiten.
Das gesamte Forum ist ein Skater-, Roller- und Bobbycarparadies, da hier kaum gefahren wird und Spielgeräte an zahlreichen Stellen zu finden sind. Kinderspiel wird nicht an den Rand des Quartiers verlegt, sondern integriert.

Grün gestaltet werden die Höfe, die zwischen den Baukörpern entstehen. Kein Hof soll wie der andere sein, Individualität und Abwechslungsreichtum sind Prinzipien, die uns leiten. Die Höfe der östlichen Baukörper sind etwas öffentlicher, jene der westlichen Baukörper etwas zurückgezogener. Gemeinsam ist ihnen die Öffnung nach Südwesten, zum Licht und zur Hauptwindrichtung.

 Die Baukörper nehmen nur 24 % der Grundstücksfläche ein. Ein großer Teil des vorhandenen Baumbestandes kann erhalten werden. Es ist daher möglich, den Platz zu befestigen, da unter ihm ohnehin teilweise die Tiefgarage befindet. Auch mit der Befestigung bleibt die Gesamtüberbauung noch unter 35 % - vorbildlich für Wohnsiedlungen.

Die Beleuchtung des Quartiers ist auf Orientierung ausgelegt. Eine Vielzahl von Lichtpunkten markieren die Bereiche, über die auch mit dem Fahrzeug gefahren werden kann. Das Taxi findet somit des Nachts direkt zum Hauseingang. Mastleuchten sind auf ein Minimum begrenzt. Lichtpoller wirken anheimelnder in den Höfen der Bebauung. Das zentrale Quadrat erhält eine zarte Einfassung mit einem blauen Neon- oder LED-Lichtband.

Alles in allem ein Entwurf, dem eine aufgelockerte städtebaulich optimale Bauform in Verbindung mit einer konsequent durchgeplanten Grünordnung und Freiraumgestaltung eine sehr eigene Note verleiht.
Das Windausforum – mit Sicherheit eine gute Adresse!

Leider konnte sich dieser Entwurf nicht durchsetzen. Das Ergebnis ist vielmehr eine Bauweise im konventionellen rechtwinkligen Raster, die sich im Freiraum nur durch die modischen Accessoirs von herkömmlichen Plattenbausiedlungen  unterscheidet. Die Qualitäten des Quartiers und des Grundstückszuschnittes bleiben unerkannt: die Anlage ist im Zentrum verdichtet, die Randbereiche werden nicht ausgenutzt, ein charakteristischer zentraler Freiraum wie in unserem Entwurf ist hier nicht zu finden. Der gesamte Baumbestand des früheren Quartiers ist  einer höchstmöglichen Verdichtung zum Opfer gefallen.

Fazit: Ein erfolgreicher Wettbewerb braucht nicht nur gute Ideen und Gestaltungen, sondern auch Preisrichter, die Qualität zu erkennen imstande sind. Gleiches gilt für den Göttinger Wochenmarkt und das Groner Tor - beides keine freiraumplanerischen Höchstleistungen, aber Wettbewerbssieger.